Am Pool

Am Pool

18. August 2022 Aus Von ibims_trotzdem

Wer gedacht hat, der Pool sei für uns Gäste, und wir würden bevorzugt behandelt, der hat sich geschnitten.

Zum einen ist er Veranstaltungsort. Man erinnere sich an die Hochzeit am 1. Tag und die groteske Beschallung, die zum Glück bei Anbruch der Nacht ein glückliches Ende nahm.

Wie in jedem richtigen Schwimmbad gibt es hier einen Bademeister. Er scheint tatsächlich darum bemüht auch uns Gästen den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen und kündigt uns bei der ersten Begegnung an, bei Bedarf Liegestühle, „Nice Chairs“ bereit zu stellen.

Er macht auch kein Geheimnis daraus, dass er sich eine deutsche kinderliebe Ehefrau wünscht und lässt nichts unversucht …

Aber er macht auch klar, dass wir Touris hier nicht die erste Geige spielen. Ist ein wenig der Herrscher am Pool.

Man muss wohl in seiner Gunst stehen, um einen „Nice Chair“ zu erhalten.

Als ich an den Pool komme ohne die Begleitung der Mädels, werde ich ignoriert. Ich steuere selbst einen leeren Liegestuhl an, rücke ihn mir zurecht und setze mich vorsichtig hin. Die Bespannung ist an manchen Stellen gerissen. Man kann nie wissen.

Beim Sitzen merke ich, dass mir kalt wird von hinten. Nein, nicht so sehr kalt als vielmehr – nass. Ziemlich nass und dadurch kalt … Ich stehe auf und merke, dass der Stuhl klatschnass war, und mein ganzer Rücken und mein Kleid sind es jetzt auch.

Aber die Sonne scheint. Ich richte die Sitzfläche zur Sonne hin aus und stelle mich mit dem Rücken daneben. Es dauert wohl eine Weile, dann sind wir beide trocken.

Vor mir am Pool tobt das Leben. Afrikanische Kinder planschen ausgelassen herum. Ich fange an, sie zu beobachten. Mein erster Eindruck hat mich ziemlich getäuscht.

Sie haben zwar Spaß, aber die meisten lernen oder üben Schwimmen. Jedes einzelne wird von dem Bademeister betreut, er ruft Anweisungen in verschiedene Richtungen: Kopf unter Wasser, beim vierten Zug Luft holen, du schaffst das. Zwischendurch macht er Bewegungen vor. Er hat jeden im Blick.

Als ich getrocknet bin und es mir endlich gemütlich gemacht habe, schaue ich noch genauer hin. Da sehe ich ihn mit einem sehr kleinen Mädchen, das am Beckenrand steht. Er ruft „come!“. Ohne zu zögern springt sie ins Wasser, er lässt sie einen Augenblick strampeln, dann greift er sie, lobt sie und stellt sie wieder am Beckenrand ab. Wieder ruft er „come!“ und sie springt. Diesmal steht er ein wenig weiter weg, und sie strampelt ihm entgegen bis er sie greift.

Ich bin gefesselt. Zuerst fasziniert mich wie er sagt „Come!“ und sie springt. Das Wasser ist tief. Würde sie springen, wenn er nicht hin schaut, hätte sie keine Chance. Würde er zu lange warten, bis er sie greift, bekäme sie Angst. Sie hat keine. Sie _weiß_, er ist da. Und springt immer wieder.

Und er hat Geduld. Immer wieder dasselbe Spiel. Während sie schwimmt, gibt er unermüdlich Anweisungen, lehrt sie die richtigen Bewegungen, die richtige Art zu atmen. Dieses kleine Mädchen lernt vor meinen Augen schwimmen, weil es hier einen Bademeister gibt, der dafür da ist, dass die Kinder hier schwimmen lernen. Wenn sie das möchten. Einfach so. An diesem Tag schafft sie es schließlich fast durch das halbe Becken. Ich mag das nicht überzeichnen, aber schwimmen können ist eben nicht selbstverständlich und kann einmal über Tod und Leben entscheiden.

Was dieser Bademeister tut, ist weit mehr als ein Job.

Viel mehr und wichtiger als mir einen trockenen Liegestuhl zu bringen …